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Donnerstag, 9. Mai 2013

Ausgelatschte Pfade - oder: Fantasy-Klischees I

Als langjähriger und begeisterter Fantasyleser habe ich inzwischen eine lange Liste der Dinge gesammelt, die mir sauer aufstoßen, wenn sie auch nur angedeutet werden. Bei den meisten handelt es sich um bequeme Plotcoupons oder Ausschnitte aus dem Drechsel-dir-deine-Fantasygeschichte-zusammen-Bastelbogen, die so oder in ähnlicher Art schon tausendmal verwendet wurden und vermutlich auch schon besser. Trotzdem sind sie irgendwie nicht totzukriegen und abseits weniger Ausnahmen finden sie sich vor allen Dingen in der Art von Fantasy-Literatur, derer ich mich am liebsten mit Weihwasser und Napalm entledigen würde.

Was nun folgt, ist eine kleine „Hitliste“ - oder Missliste? - der am stärksten überstrapazierten Fantasy-Klischees in drei Teilen. Dabei soll es sich in erster Linie um relativ abgegrenzte Beispiele handeln, Überschneidungen bleiben aber nicht aus. Der erste Teil folgt diese Woche, der Rest dann nächste und übernächste.
Ich habe nicht nur eine einfache Aufzählung vorgenommen, sondern auch Beispiele und Vorschläge geliefert, wo das Klischee selbst nicht die Wurzeln allen Übels ist, sondern die Art, wie Autoren es verwenden.

Platz 12: Der Reiseplot

Der Herr der Ringe - Copyright: New Line Cinema

Nachdem der Lehrmeister den Bauernjungen mit Versprechungen von Abenteuer und Macht aus dem Dorf geholt hat, brechen sie auf. Zweihundert Seiten lang reisen sie durch die Lande, in denen der Autor keine Chance auslässt, jeden Quadratmeter mit vor Adjektiven triefender Beschreibung zu pflastern, keine Gelegenheit versäumt, die Geschichte der Königreiche und der Welt zu erklären, wann immer eine Ruine oder auch nur ein alter Backstein aus der Vegetation ragt. Natürlich gibt es auch Hinterhalte, aber meistens passiert nicht wahnsinnig viel und keiner der Orte, die dem Leser präsentiert werden, spielen irgendwann nochmal eine Rolle.
Wenn Lehrmeister und Bauernjunge (nennen wir ihn Timmy) an ihrem Ziel ankommen, ist die Rast meist nur von kurzer Dauer, denn schon geht es weiter um dem Bösen am Schicksalberg Einhalt zu gebieten.
Warum ziehen so viele Autoren den Reiseplot gegenüber anderen Handlungen vor? Noch dazu, wenn es oftmals so wirkt, als wäre die Reise der eigentliche Zweck der Handlung?
Anstatt sich ein ganzes Land auszudenken, in dem bei näherer Betrachtung ein grüner Hügel aussieht wie der andere, täten viele Autoren gut daran, ihre Handlung lokaler anzusetzen und beispielsweise eine einzelne Stadt oder ein Dorf – oder ein Haus! - mit Handlung zu füllen. Anstatt einem Helden, der zigtausend Dinge über die Welt lernen müsste, bevor er auch nur zum Jobinterview für die Stelle als Weltenretter darf, könnten Autoren so mit einem Protagonisten spielen, der jedes Fleckchen seiner Umgebung genau kennt, der Vorteile gegenüber Fremden hat oder blind für die dunklen Geheimnisse alter Freunde ist. Anstatt das Gefühl von Unvertrautheit im Leser zu wecken, indem man den Protagonisten in die Fremde verfrachtet, könnte man so die Fremde in das vertraute Umfeld bringen.
Ein kleinerer Handlungsrahmen bedeutet auch, dass weniger Charaktere zu handhaben sind und der Autor ein wenig kreativer sein muss, wenn es um Erzählperspektiven geht. Man muss nicht mal auf die reiche Hintergrundgeschichte verzichten, die viele Autoren so gerne um ihre Handlung stricken. Der einzige Unterschied ist, dass diese Hintergründe für den Protagonisten nicht unbedingt neu sind und damit, dass sie nicht als Exposition in Absatzlänge daherkommen, sondern als ein verwobener Teppich aus kleineren und größeren Details.
Das soll nicht heißen, dass Reiseplots prinzipiell schlecht sind. Sie sind nur totgetreten und den meisten Autoren fehlt die Gabe Tolkiens für ausschweifende Landschaftsbeschreibungen.


Platz 11: Der Zwangsprolog

The Parson's Prologue - wikipedia.de
Dies ist nicht das Ende, Mensch“, sagte der Schattenkönig mit seinen letzten Atemzügen. „Die Welt wird sich meiner erinnern und ich werde in sie zurückkehren!“
Kapitel 1: Tausend Jahre später.

Jeder, der schon einmal Fantasy gelesen hat, ist schon einmal darüber gestolpert, ich habe es auch schon verwendet und schäme mich auch Jahre später noch dafür: ein Prolog, der eine halbe Ewigkeit vor der Handlung des restlichen Buches spielt und lange Zeit keine Berührungspunkte mit ihr hat. Was interessiert es uns, was der Schattenkönig vor einer halben Ewigkeit gesagt hat, wenn wir die nächsten sechshundert Seiten lang Timmy dem Bauernjungen begleiten, der Grodulf den Magier zu den Königen des Lichts begleitet?
Selbst wenn der Prolog (viel, viel, viel) später eine Rolle spielt, sollte man sich fragen, ob es nicht bessere Methoden gibt, ihn in die Handlung einzubringen. Volkslieder oder Legenden, die eine abgewandelte Variante der damaligen Ereignisse erzählen? Eine heilige Schrift, die mit religöser Rhetorik verklärt, was wirklich vorgefallen ist?
Natürlich muss man sich dann andere Gedanken machen. Wie hat etwa eine Legende tausend Jahre überleben können, wenn es kaum Schriftlichkeit in der Welt gibt? Oder die vorherrschende Religion erst dreihundert Jahre alt ist? Und wenn sie älter ist: wie hat sie so lange überdauert und wieviele Elemente ihrer Geschichte wurden mit der Zeit verfälscht?
Aber: Alles ist besser, als dem Leser mit einem Prolog einen Eindruck von der Atmosphäre des Buches verschaffen oder Charaktere vorstellen zu wollen, die in Band 1 der Trilogie gar keine Rolle spielen, nur um ihn im ersten Kapitel direkt in ein völlig anderes Setting zu zerren. Welchen Zweck hat ein Prolog, wenn er nicht in die Handlung der Welt einführt, sondern bloß in ein abstraktes Element ihrer (wenig einfallsreichen) Mythologie?
Überhaupt sollte ein Autor sich immer fragen, ob eine Handlung überhaupt einen Prolog nötig hat. Warum nicht direkt mit der Handlung des ersten Kapitels anfangen?

Platz 10: Der Bauernjunge

Copyright: Lucasfilm
Seht ihn Euch an, unseren tapferen Helden. Aufgewachsen auf einem Bauernhof, zwingt ihn der Ruf der Pflicht/des Abenteuers/des weisen, aber schweigsamen Lehrmeisters, alles zurückzulassen, was er kennt um seinem Schicksal zu folgen. Oder er bricht auf um Rache zu suchen, nachdem der Dunkle Lordtm seine Familie/sein Dorf/sein Lieblingshaustier getötet hat. Oder er ist ein Waisenkind, das die anderen Kinder stets verprügelt und gehänselt haben. Nichts hält ihn hier.
Eigentlich gibt es schlimmere Klischees, aber der Bauernjunge, der in die Welt zieht ist wohl eines der meist verwendeten und deshalb am stärksten abgenutzten Klischees der Fantasy überhaupt. Aus technischer Hinsicht bietet es sogar Vorteile: eine ausführliche Hintergrundgeschichte des Protagonisten ist selten erforderlich, schließlich ist er noch jung; ohne lebende Verwandte hat er keine wirkliche Bindung zum Ort seiner Jugend und moralische Fragen kommen so selten auf. Gleichzeitig nimmt sich aber der Autor damit die Möglichkeit, dem Protagonisten durch geschickte Anwendung dieser Elemente Tiefe zu verleihen oder Entscheidungen Tragweite.
Ich möchte weniger Geschichten über Luke Skywalkers, Eragons und Rand al'Thors lesen und mehr Protagonisten in der Mitte ihres Lebens, mit Familien und Lebensgeschichten, die den Aufbruch erschweren, wie es die Häscher des Dunklen Lordstm nie könnten.
Klinge ich schon wie eine Platte mit Sprung? Denn ich sage es nochmal: ich möchte menschliche Charaktere und weniger Copy&Paste aus The Hero with a Thousand Faces.

(PS: Auf die Anzahl der Waisenkinder-Bauernjungen-Protagonisten, die sich als Wahre Erben des Thrones offenbaren, möchte ich an dieser Stelle gar nicht weiter eingehen. Dieses Klischee ist so abgenutzt, dass es überraschender wäre, sollte Timmy sich nicht als Sohn des Königs herausstellen.)

Platz 9: Der weise, aber schweigsame Lehrmeister

Nicht so weise und nicht so alt. Aber wenigstens Jeremy Irons - Coypright: Fox 2000 Pictures
 
Wenn der Bauernjunge also von seiner weitreichenden Verwendung schon abgenutzt ist, kann man durch den weisen Lehrmeister hindurch inzwischen die Sonne sehen.
Auch dieses Klischee ist eng mit Reiseplot und Bauernjunge verwoben: der weise Meister rettet den Protagonisten vor dem sicheren Tod durch die Schergen des Dunklen Lordstm. Oder er berichtet dem Bauernjungen von seiner Aufgabe in der kommenden Schlacht von Licht und Dunkel. Jedenfalls wird der Protagonist ihm früher oder später in die Ferne folgen. Meistens stellt der Lehrmeister sich dann als eine Art Obi-Wan Kenobi heraus oder eine vergleichbare Variation des Gandalf-Archetypen. Seine Aufgabe ist es, dem Protagonisten (und damit dem Leser) die Geschichte der Welt zu erzählen, bis jeder wichtige Punkt abgearbeitet ist. Viel wichtiger aber: er ist oft das Drosselungsventil der Handlung. Denn anstatt dem Protagonisten von Anfang an alles zu erzählen, was er wissen muss (Der König ist mein Vater? Der Dunkle Lord ist mein Vater? Die Magie war schon immer in mir?), lässt der Lehrmeister die wirklich interessanten Fragen aus, um auch ja das (erzwungene) Mysterium im Zentrum der Handlung aufrecht zu erhalten. Nur wenn der Autor das Gefühl hat, es müsse mal wieder etwas passieren (und der letzte Ork/Urgal/Trolloc-Angriff noch nicht lange genug her ist), enthüllt er einige spärliche Details. Fragen nach den wirklich wichtigen Einzelheiten schlägt er ab, denn a) Dafür jetzt keine Zeit ist, oder b) Du bist noch nicht bereit für dieses Wissen. Einen wirklichen Grund für die Geheimniskrämerei gibt es selten. Was aber noch viel schlimmer ist: Der Bauernjunge zuckt meist bloß mit den Schultern, anstatt sich eigenständig Gedanken zu machen. Er puzzelt sich nie selbst Antworten zusammen und noch seltener zweifelt er an seinem Lehrmeister, obwohl ein normaler Mensch sich längst fragen würde, warum er keine Antworten gibt, ob er etwas verbergen will und ob das ausgelassene Wissen nicht auf eine Gefahr für den Protagonisten schließen lässt. Denn wenn es wirklich um die Rettung der Welt ginge, sollte man meinen, dass nichts dringender sei, als dem zukünftigen Weltenretter in spe so bald wie möglich alles zu erzählen, was auch nur entfernt wichtig werden könnte.



Nächste Woche: die Plätze 8 bis 5.




7 Kommentare:

  1. Da geht jemand aber sehr hart mit den Klischees ins Gericht ;)

    Prinzipiell hast du aber recht. Vieles scheint schon oft dagewesen zu sein und wenn man sich mit alter (wirklich alter!) Literatur beschäftigt, findet man bereits da die Archetypen.
    Was du als "Reiseplot" bezeichnest, kennt die Literaturwissenschaft als "Questgeschichte" - der Held zieht aus, um eine Tat zu vollbringen.
    Das Motiv ist quasi uralt. Der trojanische Halbgott Aeneas zieht beispielweise aus, um seinem Volk eine neue Heimat zu finden - und Vergil schrieb das in den 20er Jahren vor Christus nieder.
    Und die Geschichten um die Argonautenfahrt und die Gewinnung des goldenen Vließ sind wohl schon etwa 800 v. Chr. entstanden - zumindest können wir darauf schließen, denn die Argonautenfahrt wird in Ilias und Odyssee angedeutet (und die sind etwa zu der Zeit entstanden).
    Es ist also ein uraltes Motiv.

    Warum wird es immer wieder eingesetzt? Weil es Leserbedürfnisse erfüllt. Für die Leser vergangener Zeiten war die Welt begrenzt - Reisen waren schwierig, egal ob zu Lande oder zu Wasser. Man wollte aber von den Dingen jenseits des Horizontes erfahren und hatte darum ein Bedürfnis nach solchen "Reiseplots". Das war schon Jahrhunderte vor Christus so und hat sich nicht geändert (z.B. schlägt Daniel Defoes "Robinson Crusoe" in der Neuzeit in die selbe Kerbe. Oder Tolkien und die von ihm abgeleitete High-Fantasy-Literatur der heutigen Zeit...).

    Dann der Prolog zu Beginn des Buches...etyhmologisch betrachtet ist der Prolog nur das Vorwort. Und nichts anderes. Alte Werke hatten oft ein Proömium oder eine Vorrede, in der der Autor über die Geschichte selbst erzählt, wie sie zustande kam, wie er gearbeitet hat, was er beabsichtigt hat... genau in der Form verwendet auch Tolkien den Prolog, weil er dort wichtige Informationen über die Hobbits gibt.
    Aber die Prologe von heute - die finde ich auch unsinnig. Wieso beginnt man nicht einfach mit Kapitel 1? Ich werd ja auch von einigen Leuten immer mal wieder um Textkritik und Feedback gebeten und wenn die mit einem Prolog ankommen, sag ich ihnen auch genau das ;)

    Bauernjunge und Lehrmeister nehme ich mal zusammen.
    Der Bauernjunge erfüllt zum Teil auch wieder dieses Bedürfnis nach fremden Welten - und auch das Bedürfnis nach Selbstverwirklichung, das in alter und auch heutiger Zeit längst nicht jedem gegeben war bzw. ist.
    In der Antike tritt bei der Argonautenfahrt etwa Jason als noch recht unbeschriebener Held plötzlich in den Vordergrund, weil der "wahre Held" Herakles verloren geht.
    In der Neuzeit ist da z.B. Eichendorffs "Taugenichts", der einfach so in die Welt loszieht. Oder Hans der Armbruster aus C. F. Meyers "Der Heilige", der sein Glück in der Ferne sucht.
    Der Lehrmeister wiederum wird zur Erfüllung dieser Selbstverwirklichung benötigt: Er gibt die einzelnen Stationen vor, hilft bei der Verwirklichung und ermöglicht sie erst (denn allein wäre der Bauernjunge ja verloren). So hat etwa d'Artagnan aus "Die drei Musketiere" eben jene drei erfahrenen Haudegen als Lehrmeister. Aeneas berät sich oft mit seinem alten Vater Anchises. Frodo kriegt Hilfe von Gandalf.
    Und natürlich wird nicht alles sofort verraten. Zum einen symbolisieren die einzelnen Informationen, die gegeben werden, Etwicklungsschritte. Der Held ist ein Stück weiter - jetzt darf er auch mehr wissen.
    Zum anderen natürlich: wo bleibt denn die Spannung, wenn man alles gleich weiß? ;)

    Last but not least sei angemerkt (sofern man es in meiner Ausführung nicht schon gesehen hat): Die Klischees, die du nennst, sind längst nicht nur auf die Fantasy-Literatur beschränkt. Man findet sie in jedem Genre - man muss sie nur suchen.

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    1. Vielen Dank für einen weiteren ausführlichen Kommentar :)
      Ja, ich gehe vielleicht ein wenig hart ins Gericht, aber das sind wirklich Sachen, die mich stören. Ich sage ja auch nicht, dass irgendeines der Klischees überhaupt nicht verwendet werden soll, sondern vielmehr, dass es selten kreativ angewendet wird.

      Die Sache mit der Questgeschichte ist folgende: Campbell schreibt ja lang und breit darüber, aber sein zentrales Argument ist, dass die Heldenreise ohnehin in 99% der Geschichten zu finden ist, weil sie ein grundlegendes Element menschlicher Geschichten sind. Im Grunde ist es ja nichts anderes als eine Darstellung der inneren Reise des Helden, übertragen auf äußere Elemente der Geschichte. Aber: wenn es ohnehin teil der Geschichte sein wird, warum soll ich dann als Autor extra noch die archetypischste Variante der Heldenreise wählen? Schließlich kann man auch in einer Geschichte, die an einem einzigen Ort spielt den Helden (innerlich) reisen und reifen lassen.
      Hinzu kommt, dass die meisten 08/15-Fantasyreisen von Charakteren erlebt werden, die sich im Laufe der gesamten Geschichte nicht ändern.
      In der Richtung würde ich übrigens auch in Hinsicht auf Lehrmeister und Bauernjunge argumentieren. Mir ist die literarische Tradition der beiden Archetypen bekannt, aber sie sind nunmal nicht die einzigen Archetypen, die in einer Fantasygeschichte auftreten können. Trotzdem sind sie immer wieder da. Als ob Fantasy sich strikt an die Traditionen halten müsste, denen das Genre entstammt.
      (Robinson Crusoe würde ich übrigens gar nicht mal als Reiseplot auffassen. Der Held reist zwar, aber der Großteil der Handlung spielt ja auf derselben Insel. Da ist „Gullivers Reisen“ schon eher ein Reiseplot.^^)

      Der Prolog an sich ist auch kein Unding. Nur wird er halt oft wie etwas behandelt, das ein Fantasybuch unbedingt haben muss, ob er sich anbietet oder nicht. Ich hab aktuell eine Geschichte in Arbeit, bei der ein Prolog mMn Sinn macht, weil er aus Perspektive eines anderen Charakters erzählt ist als der Rest der Geschichte, aber viele Ereignisse erst auslöst.

      Klar gibt es diese Klischees auch außerhalb der Fantasy. Aber das ist nun mal mein Heimatgenre. Außerdem begegnen mir mehr Hobbyautoren, die Fantasy schreiben und sich immer wieder in den gleichen Klischees verheddern, als Schreiberlinge anderer Genres.

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    2. Bei den tollen Artikeln wird das nicht der letzte ausführliche Kommentar gewesen sein - bin schon gespannt auf die nächsten Klischees :)

      Natürlich kann der Held auch an nur einem einzigen Ort eine innerliche Entwicklung vollziehen. Es ist aber ungleich schwieriger, diese Entwicklung dann auch greifbar zu machen.
      Ich bin z.B. ein sehr großer Fan des raumanalytischen Ansatzes, der im Raum auch immer eine Stimmung sieht, die den aktuellen Verlauf der Geschichte und die Entwicklung des Helden wiederspiegelt. Diese Möglichkeit hast du allerdings nur begrenzt, wenn der Raum der gleiche bleibt. Bist du auf einer Geschichte, kanst du die Räume alternieren und so das Innenleben wiederspiegeln. Bist du nur an einem einzigen Raum, wird das Alternieren schwierig.
      Außerdem hat die Questgeschichte den Vorteil, dass sie gerade durch die Reise ständig neue Wegstationen aufwirft, die zu bestehen sind und an denen man sich entwickeln kann.
      Auch diese neuen Stationen aufzuwerfen ist an nur einem einzigen Ort ungleich schwerer (wenngleich nicht unmöglich).
      Dass manche Fantasycharaktere sich gar nicht verändern, stimmt. Aber da seh ich den Fehler eher beim Autor als bei den Archetypen ;)
      Fantasy muss sich nicht an Traditionen halten - aber sie tut es. So, wie der Liebesroman sich auch an gewisse Traditionen hält. Oder der Western (je einen trashigen Western aus dem Hause Bastei gelesen? Gott, ich liebe sie....okay, genug, ehe ich abschweife).

      Robinson Crusoe habe ich weniger als Reiseplot angeführt, als vielmehr als Beispiel für eine andere Geschichte, die das Fernwehbedürfnis stillt.

      Zu "deinem" Prolog:
      Auch wenn du eine andere Perspektive hast als im Rest der Geschichte: Würde das nicht auch funktionieren, wenn es halt Kapitel 1 wäre? Ich habe oft den Eindruck, dass Autoren den Prolog verwenden, weil sie damit einen Teil der Geschichte dem Rest der Geschichte entreißen wollen und Abstand schaffen wollen. Und um diesen Kunstgriff zu erreichen, nennen sie diesen Teil dann "Prolog" und die anderen Teile dann "Kapitel XY". Ich habe gestern z.B. C.F. Meyers "Das Amulett" gelesen - dort trifft im ersten Kapitel ein Ich-Erzähler auf den Vater eines alten Freundes. Der Ich-Erzähler wird dann nostalgisch und beschließt, die Geschichte dieses alten Freundes aufzuschreiben. Er tut das dann ab Kapitel 2 einfach. Da gibt es keine Trennung in "Prolog" und "Kapitel", obwohl die heutige Fantasyliteratur genau das verlangen würde (Konvention und so ;) ).
      Perspektivenwechsel & Co. sind ungleich stärkere sprachliche Mittel, um eine Trennung zu ermöglichen. Dagegen ist die Überschrift "Prolog" nur ein sanfter Hauch, der kaum auffällt ;)
      Versuchs doch mal mit Kapitel 1 als Überschrift? Ich wette, deine Korrekturleser werden sich nicht groß dran aufhängen...

      Tja, und die Hobbyautoren, die sich in Klischees verheddern, sind eigentlich in meinen Augen nichts schlimmes. Wer Klischees aufgreift, stellt sich in die Gattungstradition und beweist, dass er die Gattung kennt. Der nächste Schritt zum Spiel mit der Tradition ist dann das Erkennen der Klischees - wobei meiner Meinung nach hier ein Blick über den Tellerrand mehr lohnt als ein "Verteufeln" der eigenen Genre-Klischees. Wenn man sich bewusst ist, dass viele Klischees Genre-übergreifend sind, sieht man sie nochmal in ganz anderem Licht.
      (und diese Genre-übergreifenden Klischees sind auch ein Grund, weshalb ich auf unserem Blog fast nur noch Fallstudien über alles, was eigentlich nicht Fantasy wäre, schreibe *G*)

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  2. Ich musste gerade laut lachen, als ich das gelesen habe. Das unterschreibe ich von Anfang bis Ende! Ich arbeite unter anderem als Lektorin und staune immer wieder, wie viele Klischees man in eine Geschichte packen kann. 98% der eingereichten Manuskripte werden abgelehnt, weil sie eben genau das sind - eine (mehr oder weniger) nette Neuverpackung alter Versatzstücke ohne eigene originelle Elemente.
    Jetzt bin ich auf den Rest deiner Hitliste gespannt, denn ich hätte die Queste und den Bauern-Königssohn ja unter die Top 3 genommen...

    LG, Julia

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    1. Vielen Dank für deinen Kommentar, Julia :)
      Schön, dass dir mein Beitrag gefallen hat.

      Ich hab lange Zeit über die Auswahl der Plätze nachgegrübelt, aber so uninspiriert ich die Plätze 12 bis 9 finde, hab ich doch noch ein paar Dinge auf meiner Liste, für die ich deutlich weniger Toleranz aufbringe. Lass dich überraschen ;)

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  3. Der Kommentar wurde von einem Blog-Administrator entfernt.

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  4. Wie könnte man es anders machen? Hmmm...

    Bauernjunge, der seine Familie verliert und den nichts mehr hält:
    Prota aus nicht unbedingt ärmlichen/biedermeierlichen Verhältnissen, der aber auch kein Wltenbummler ist oder berühmt. Ohne dass seine Familie - zunächst - in Gefahr gerät, zwingt den Prota eine Gabe an die Öffentlichkeit. Kein Konflikt über Fernweh, sondern der, dass der Prota nicht den Boden unter den Füßen verlieren will.

    alter, weiser, schweigsamer Lehrmeister?
    Einer, der im Mittelpunkt des Interesses steht, aber nicht wegen seiner Wisheit, sondern weil er sich in Szene setzt und sich nicht offenbart. Einer, der vom Schüler zwar Respekt verlangt, aber bestimmt ist, ja fast sogar ruppig wird, wenn der es übertreibt. Der nur zum Lehrer wird, weil er seinen Einfluss und seine Stärken geschickt nutzt, um sich die Rolle zu sichern - gegen großen Widerstand und zum Vorteil seines Volkes. Der sich höchstpersönlich unter die niederen Schergen der Feinde mischt und scheinbar mitspielt.

    Die Reise
    Wenn die Figuren den Ort wechseln müssen, einfach in ein Flugzeug, den Nachtzug oder ein Polizeishuttle setzen, damit sie hinkommen. Es gibt keine Flugzeuge? Dann mach doch solange woanders mit der Handlung weiter.

    Überwindet so was eine (sclechte) Umsetzung des Klischees - oder macht's das noch schlimmer?

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