Zuerst einmal möchte ich mich entschuldigen, dass es der aktuelle Eintrag mit derartiger Verspätung an den Start geht, aber die Uni hat mich diese (also vergangene) Woche stärker in Anspruch genommen als erwartet. Deshalb wird sich wohl auch diese Woche der letzte Teil der Serie auf Freitag oder Samstag verschieben. Ich hoffe, ihr könnt mir das nachsehen.
Viel Spaß beim zweiten Teil der Fantasy-Missliste.
Platz 8: Die Gefährten, oder: Auf Reisen mit Schablonen
Viel Spaß beim zweiten Teil der Fantasy-Missliste.
Platz 8: Die Gefährten, oder: Auf Reisen mit Schablonen
Oreganor, Froda, Gumli und Gandalfine? - Copyright: Wizards of the Coast |
Unser
Held plus Lehrmeister gelangen früher oder später an einen Punkt, an
dem sie alleine nicht mehr voran kommen. Unterstützung muss her.
Nun,
daran ist ja erst mal nichts schlecht. Aber auch hier schlägt
oftmals der Klischeeteufel zu, sobald dem Autoren auffällt, dass die
Weltenrettung zu zweit nicht funktionieren wird. Bald hat sich eine
multikulturelle Gruppe zusammengefunden, die in ihrem Bestreben, den
Plot … Verzeihung, ihre Aufgabe zu Ende zu führen, geeint gen
Dunklerlordistan strebt. Aber nicht immer haben die einzelnen
Charaktere eine wirkliche Motivation, die gleichen Ziele zu
verfolgen wie der Hauptcharakter. Nein, oft haben sie überhaupt
keine Motivation und die Heldengruppe ist nur eines der weiteren
Elemente, die aus dem Herrn der Ringe kopiert werden. Tolkien hat
schließlich eine bunte Truppe an Frodos Seite gestellt, wer also in
seine Fußstapfen treten will, muss auch eine haben. Und Gimli &
Co. brauchten ja schließlich auch keine Motivation, richtig?
Nicht
so ganz. Denn, was gerne mal vergessen wird – wie so oft, wenn man
sich unreflektiert an angeblichen „Genrestandards“ orientiert:
Jedes einzelne Mitglied der Gefährten hatte eine Motivation, Frodo
zu folgen.
Sicher,
bei vielen ist es nicht mehr als Treue zu Frodo (Sam und Gandalf
etwa), aber das ist immer noch hundert Prozent mehr als die meisten
anderen Standardfantasy-Gefährten vorzuzeigen haben.
Dabei
täten Autoren gut daran, sich lieber Gedanken um komplexe,
eigenmotivierte Charaktere zu machen, als eine Liste abzuarbeiten,
bis von „Magier“ bis „Zwerg“ überall ein Häkchen gemacht
wurde.
Warum
folgt Charakter X dem Helden? Warum sollte Elfenkrieger Y Interesse
daran haben, einen Bauernjungen und einen bärtigen Landstreicher bis
ans Ende der Welt zu begleiten?
Und
davon ab: wieso immer Elfen, Zwerge und dergleichen? Fantasy
fasziniert nicht dadurch, dass bekannte Elemente bis zur
Unkenntlichkeit immer wieder durchgekaut werden, sondern, dass der
Leser neue, unbekannte Welten erforscht. Denkt darüber nach, welcher
der Charaktere, denen der Protagonist auf seinem Weg begegnet, sich
überhaupt als Gefährte eignet und – bitte! - lasst diese
Charaktere aus anderen Antrieben handeln als blinder Verehrung für
den Helden oder einer Selbstlosigkeit, um die sie Mutter Theresa
beneiden würde.
Platz 7: Kämpfe
Ohne Worte - Copyright: 20th Century Fox |
Kämpfe sind Teil der meisten Fantasygeschichten und ich will sie auch gar nicht verbannen - obwohl ich Geschichten bevorzuge in denen der Protagonist nicht im Minutentakt Orks durch den Laubhäcksler dreht.
Aber
wie mit so vielen anderen Dingen, an denen ich hier so Anstoß nehme,
sind Kämpfe – auch wenn sie Stoßstange an Stoßstange folgen –
wieder mal etwas, um das sich viele Autoren zu wenig Gedanken machen.
Nur weil es Fantasy ist, heißt das nicht, dass Recherche außen vor
gelassen werden kann.
Klar,
niemand kann mal eben nachschlagen, wie so ein Duell zwischen Magiern
aussehen muss, aber es gibt genug Handbücher und Youtube-Videos, die
einen Eindruck über den Kampf mit verschiedenen Waffen vermitteln.
Gerade im Zeitalter des Internets sollte es für Niemanden ein zu
großer Umstand sein, einfach mal Genosse Google anzuwerfen.
Denn
auch in der Fantasy gibt es eine Reihe von Regeln zu beachten, wenn
es um kämpferische Auseinandersetzungen geht.
Wozu
dient welche Waffe? Kann ich mit einem Schwert blocken? (Antwort: Ja,
aber nicht allzu oft.) Welchen
Einfluss haben Rüstungen auf die Bewegungsfreiheit?
Außerdem
sind solche Recherchen hilfreich, um einen Autoren zurück auf den
Boden der Tatsachen zu holen. Denn schnell wird klar, dass kein noch
so begabter Krieger (oder gar Timmy) gegen zwanzig Assassinen
bestehen kann. Oder nach einem Treffer mit einem Streitkolben
lustig umherspringen. Oder sein Schwert werfen und damit treffen.
Oder mit einem Zweihänder in Innenräumen mit etwas anderem Erfolg
haben, als die Bilder von den Wänden zu holen.
Zu
dieser Art der Recherche gehört dann auch, sich über Arten von
Verletzungen zu informieren. Und das ist dann wiederum Wissen, dass
auch für den Kampf unter Magiern nützlich ist: Was macht der Körper
nach einem Blitzschlag oder einer Verbrennung, wie schnell kann
jemand verbluten, was bricht Pseudo-Gandalf sich, wenn der
Freiflugzauber plötzlich versagt?
Platz 6: Der Völker-Zoo
by aizo |
Obwohl seit „Der Herr der Ringe“ einige Zeit ins Land gezogen ist, die eigentlich neuen Ideen ermöglichen sollte ans Licht zu treten, stirbt die Idee der tolkienesken Völker als Must-Have für das Genre nicht den Alterstod, den sie verdient hätte. Woran das liegt, kann ich nur vermuten: Wie einige andere Elemente aus dieser Liste scheint die Vielvölkerei Mittelerdes oftmals unreflektiert übernommen zu werden, weil – D'uh! - es ist ja keine Fantasy, wenn keine Elfen auftauchen. Oder Orks. Oder Zwerge. Drachen. Halblinge. …
Und
irgendwie scheint es sogar noch gut anzukommen, wie beispielsweise
der Erfolg von Eragon erahnen lässt.
Pauschal
habe ich eigentlich nichts gegen etablierte Fantasy-Völker. Aber
selten unternimmt ein Autor etwas interessantes mit dem Konzept, denn
wer Tolkiens Elben kennt, kennt Paolinis oder Salvatores. Ausnahmen
bilden nette Experimente wie Markus Heitz Die Orks, aber
schon Die Zwerge
beweist, dass mit einem ausgetretenen Konzept nun mal nur begrenzt
viel angefangen werden kann. Hinzu kommt, dass die meisten
Fantasy-Völker intern keinerlei Unterschiede aufzuweisen scheinen:
Elfen sind groß und schön und magisch und mögen die Natur, Zwerge
tragen Bärte und trinken Bier, wenn sie sich nicht gerade
gegenseitig die Köpfe mit Äxten einschlagen. Orks gibt es in ebenso
vielen Variatonen, aber während einige Autoren zumindest einen Hauch
von Anstand besitzen und ihnen andere Namen geben – Robert Jordan:
Trollocs; Christopher Paolini: Urgals – sind sie so austauschbar
wie alle anderen Völker.
Warum
also nicht eigene Völker kreieren? Nordische Mythologie
hat mehr zu bieten als spitze Ohren und lange Bärte. Nun, zumindest
als spitze Ohren.
Oder
man lässt die fremden Völker gleich einfach ganz weg und
konzentriert sich auf den Menschen, auf Menschlichkeit, Politik,
persönliche Geschichten. Ein
großartiges Beispiel dafür sind Glen Cooks Black Company
Bücher. Die Welt in der sie
spielen ist fremdartig und von allerlei Getier bevölkert, das einer
äußerst kreativen Phantasie entsprungen ist – aber Menschen sind
(beinahe)
die einzigen intelligenten Lebensformen und die
Handlung ergibt sich aus dem Zusammenspiel vieler menschlicher
Faktoren. Und Magiern. Vielen, mächtigen Magiern.
Platz 5: Magie
Ja, richtig gelesen, Magie ist für mich ein überholtes Fantasyklischee.
Magier aus Werksverkauf - Copyright: Dragonlance |
Ja, richtig gelesen, Magie ist für mich ein überholtes Fantasyklischee.
Aber
halt! Nicht gleich Mistgabeln und Fackeln rausholen.
Prinzipiell
habe ich nichts gegen Magie, schließlich ist sie ein integraler
Bestandteil der meisten Fantasygeschichten und zwar zu Recht.
Oftmals macht sie den kleinen Unterschied zwischen unserer
Welt und Mittelerde/Westeros/Fantasyland aus. Mein erstes Buch hat einen
Zauberer als Hauptcharakter und ich kann nicht behaupten, dass Magie
eine zu vernachlässigende Rolle spielt.
Trotzdem
plädiere ich dafür, weniger Magie – besonders von Individuen
kontrollierte – in Handlungen einzubinden. Zum einen hilft das,
realistische Charaktere in den Vordergrund zu rücken. Zum anderen
kann es eine Herausforderung sein, dem Plot an Engpässen nicht durch
magische Tricks auf die Sprünge zu helfen. Ein Kampf ist spannender,
wenn kein Heiler bereit steht, Wunden durch Handauflegung zu
beseitigen, genau so wie Böses, das nicht als untoter Magier oder
seelenfressender Dämon daherkommt, sondern in der Gestalt von
(gewöhnlichen) Menschen. Das perfekte Beispiel, wie effektiv so
etwas sein kann, ist meiner Meinung nach in Pratchetts „Die
Nachtwache“ zu finden. Die „wahren Bösen“ - soviel sei gesagt,
ohne zu viel zu verraten – sind keine mächtigen Magier oder Lenker
im Hintergrund, sondern kleine Leute, die, aus welche Motivation auch
immer, Verwaltungsarbeiten erledigen, ohne ihre Rolle zu
hinterfragen. Vertraut mir, es ist spannender als es klingt.
Ich
bin nicht gegen Magie per se, denke aber, dass es dem Genre nicht
schaden könnte, wenn Autoren ihre Helden durch andere Mitteln am
Leben erhalten müssen, als durch magische Intervention. Vielleicht
können sie die Protagonisten sogar gar nicht retten, wenn nicht im
rechten Moment Erzmagier Convenius zur Verfügung steht – siehe
George R.R. Martins „Das Lied von Eis und Feuer“. Martins Setting ist nicht frei von Magie, aber sie spielt bestenfalls eine untergeordnete Rolle.
Wenn
es aber Magie gibt, dann sind ein paar Grundregeln zu beachten. Die lauten in etwa:
1.
Es muss überhaupt Grundregeln geben. Magie darf nie übermächtig
sein, sonst geht jeder Hauch von Spannung flöten. Sie darf vor allem nicht dazu dienen, ALLES zu tun, soll heißen, sie muss in Grenzen operieren. Dazu später mehr.
2.
Die Grundregeln müssen zu jedem Zeitpunkt eingehalten werden. Wenn
im ersten Kapitel etabliert wurde, dass Magier nur Heilen können,
indem sie die Wunden ihrer Opfer auf sich nehmen, kann der
Magier-Protagonist es nicht überleben, im Finale den tödlich
verwundeten König zu retten.
3.
Magie muss Limitierungen unterliegen. Klingt im ersten Grunde wie
Punkt 1, kann aber nicht oft genug betont werden: Magie, die im
Grunde nichts anderes als ein Eingreifen des Autoren ist, erstickt
den Plot und seine Gefahren in der Krippe. Wenn der Held aber dann
doch ein kleines magisches Wunder vollbringt, dann darf es bitte
nicht aus dem Nichts kommen. Wenn vorher nie erwähnt wurde, dass ein
mächtiger Magier mit einem Opfer seines eigenen Blutes für einen
Moment ein Tor in den Himmel öffnen kann, damit heiliges Licht alle
Untoten und Dämonen vernichtet, sollte die finale Konfrontation
besser nicht auf diese Weise aufgelöst werden.
4.
Die Helden sollten nie die mächtigste Magie haben. Sicherlich eine
Meinungssache, aber wenn der Held jeden Feind mit Fingerschnippen von
der Bühne fegt, folgt die Spannung meist direkt nach.
5. Magie sollte nie das erste Mitteln zur Lösung von Problemen sein.
Nächste Woche: die Plätze 4 bis 1.
Ich will dir nicht schon wieder mit einem riesigen Kommentar wertvolle Zeit stehlen (obwohl es durchaus was zu sagen gäbe - besonders mit Magie hab ich mich viel auseinandergesetzt, und die nordische Mythologie wäre immer eine Diskussion wert *G*), daher heut mal ganz kurz: Stimme in allen Punkten weitestgehend zu! :-)
AntwortenLöschenDem schliesse ich mich an. Und jetzt bin ich wirklich gespannt auf die ersten vier Plätze!
LöschenSo, spät, aber ich antworte noch^^
LöschenDanke erstmal fürs Lesen. Mich würde - wenn du Zeit hast - trotzdem mal deine Meinung zum Thema Magie hören.
Danke fürs Lesen :)
LöschenIch plane eigentlich schon länger eine ganze Artikelserie zu Magiesystemen, nur bleibt das alles wegen der Uni aktuell etwas auf der Strecke. Kann man aber - wenn denn mal Licht am Ende dieses Prüfungstunnels ist - dann hoffentlich bald in der Weltenschmiede nachlesen ;)
LöschenOh, darauf bin ich mal gespannt :)
LöschenUnd viel Erfolg in der Uni, den Stress kann ich nur allzu gut nachvollziehen^^